Foto: Werner
Über Stunden kontrollierten
Hans-Gerd Tschuch,
Andreas Arnold
und Natalie Schmidt
(von rechts)
im Wald bei Graben Nistkästen.
Das Gebiet ist für
Fledermäuse sehr attraktiv.
Gut gefüllte Wochenstube
Westlich der B36 bei Graben fühlen sich rare Bechstein-Fledermäuse besonders wohl
von Alexander Werner
Graben-Neudorf. Es waren nur kurze Ruhestörungen, die eine stattliche Zahl
von Fle-dermäusen an einem Wochenende im August 2018 im Forstrevier Graben-Neudorf zu erdulden hatte.
Andreas Ar-nold und Hans-Gerd Tschuch von der AG Fledermausschutz Baden-Württemberg
machten sich morgens auf, um über Stunden Nistkästen im Wald entlang der B 36 bis
zur südlichen Grabener Ortseinfahrt zu kontrollieren und zu reinigen. Begleitet
wurden die beiden Fach-männer aus Mannheim und Linkenheim-Hochstetten von Natalie
Schmidt vom ehrenamtli-chen Naturschutzdienst Karlsruhe. Für die Biologin, die sich
erst näher in der Praxis mit Fledertieren vertraut macht, war es eine Fortbildung.
Wegen der vielen Baumhöhlen ist gerade das dortige Gebiet westlich der Bundesstraße
be-sonders attraktiv für die Fledermäuse. Auf kleinstem Raum finde man hier etliche
Arten, er-läuterte Biologe Arnold. Zwerg- und Mückenfledermäuse kämen dort vor.
Auch den Kleinen oder Großen Abendsegler sowie das Braue Langohr habe man schon
gesichtet. Ganz besonde-res Augenmerk aber galt dem Trio auf der Tour der
Bechstein-Fledermaus. 40 Weibchen hau-sen in dem Waldstück auf rund 30 Hektar in
Gruppen in einer sogenannten Wochenstube. Eine Art, die nur in Europa und
schwerpunktmäßig in Deutschland vorkomme, berichtete Arnold. Wie Tschuch ergänzte,
bringe das eine besondere Verantwortung zu ihrem Schutz im Land mit sich. Dieser
manifestiert sich EU-weit durch die Richtlinie der „Natura-2000“. Für die
Bechstein-Fledermaus gilt dabei gemäß Anhang zwei, dass innerhalb von FFH-Gebieten
für sie bei Vorkommen spezielle Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen. Ein
weiterer Anhang schütze Fledermäuse prinzipiell, die alle mehr oder weniger bedroht
seien, so Arnold.
Arnold und Tschuch kontrollieren den Bestand alle zwölf Monaten und nicht wie
vorgegeben im Rhythmus von drei Jahren. Das bringt bessere Erkenntnisse zur
Entwicklung der Populati-on. Denn die Bechstein-Tiere wechseln in der Wochenstube
beständig um die 50 Quartiere und nutzen dabei nicht nur Kästen, sondern auch
Baumhöhlen. Somit schwanken die Zahlen, je nach dem, wie viele Tiere man beim
Rundgang in den Kästen vorfindet. Dazu finden sich die Tiere in Größe einer Meise
mit einem Gewicht von zehn bis 20 Gramm in variierenden Grüppchen zusammen. Waren
es in einem Kasten neun Fledermäuse, können das bei Quar-tierwechseln aber auch bis
zu 20 Individuen gehen.
Die Art komme nur in Wäldern vor und lebe sehr kleinräumig, erklärt Arnold. Wenn
die Jun-gen geboren und ausgewachsen seien, zögen sie weiter. Überwintern würden
sie andernorts in Höhlen und Stollen, würden aber als konservative Art wieder
kommen. Während man die Weibchen ab Mai über ein Vierteljahr fliegen sieht,
verschwinden die einzeln lebenden Männchen nach erfüllter Aufgabe und kümmern sich
nicht um den Nachwuchs. Die von den AG-Leuten erfassten Zahlen werden an die EU
weitergegeben. Ziel ist, die Bestände zu erhal-ten oder möglichst noch zu
vermehren. Sollte sich allerdings Rückgänge ohne erkennbare Ursachen ergeben, sei
es schwer, dagegen etwas zu unternehmen, so Arnold. Grundsätzlich seien die
Vorkommen von Bechstein-Fledermäusen je nach Wäldsituation sehr heterogen.
Konzentriert seien sie im Tiefland, am Oberrhein und etwa im Kraichgau. In
Süddeutschland gebe es wegen des günstigen Klimas überhaupt mehr Fledermausarten.
Foto Mäuse: Werner
40 Weibchen der
Bechstein-Fledermaus
hausen in der Wochenstube
westlich der B 36.
Die Art ist selten
und wird europaweit
in besonderer Weise
geschützt.